Die Weihnachtszeit fängt für jeden zu einem anderen Zeitpunkt so richtig an. Für manche ist es schon so weit, wenn die erste Kerze am Adventskranz angezündet oder das erste Türchen des Adventskalenders geöffnet wird, andere wiederum kommen erst wirklich an Heiligabend bei dem Zusammensein mit der Familie in Weihnachtsstimmung. Für mich hingegen war schon immer eine ganz besondere Veranstaltung Auslöser für das Gefühl, dass bald Weihnachten ist: Das “Turmblasen” in der Altstadt von Bergneustadt.
Das Turmblasen sagt inzwischen vielen Menschen nichts mehr, es wird längst nicht mehr in jedem Ort veranstaltet. Es handelt sich um einen alten Brauch, bei dem sich eine Gemeinde auf dem heimischen Kirchplatz einfindet, um einer Blaskapelle zu lauschen, von denen mal eines, mal mehrere Mitglieder vom Kirchturm aus spielen. In den Details unterscheidet sich das Turmblasen von Gemeinde zu Gemeinde jedoch, beispielsweise in der Auswahl der Lieder.
Auch das Turmblasen in Bergneustadt greift diese Traditionen auf. In diesem Jahr lud die evangelische Kirchengemeinde am Samstag, den 17. Dezember, mitsamt des CVJM und des Bläserkreises ein. Unter Leitung von Dr. Annemarie Sirrenberg ließ der Großteil des Bläserkreises die Trompeten, Posaunen und vieles mehr von der Terrasse vor dem Gemeindehaus erschallen, Juri Eckhoff trotzte mit seiner Trompete der Kälte im Kirchturm. Während bei einigen Liedern die Texte an eine Leinwand projiziert wurden und zum Mitsingen einluden, herrschte andächtige Stille bei dem Spiel aus dem Kirchturm. Pfarrer Dietrich Schüttler moderierte den Abend. An den Ständen mit Glühwein, Apfelpunsch und Bratwurst kamen jedoch auch die Gespräche und das gesellige Zusammensein nicht zu kurz.
Beim Turmblasen geht es meiner Ansicht nach nicht nur um die Musik, nicht nur um den Glühwein und auch nicht nur darum, Freunde und Familie, Nachbarn und Bekannte zu treffen. Viele derjenigen, die das Turmblasen jedes Jahr besuchen, sind auch keine Gemeindemitglieder und haben wenig mit der Kirchengemeinde oder der Altstadt zu tun. Es geht um alles gemeinsam, genauer gesagt um die Gemeinschaft.
Das konnte man auch vor einigen Jahren spüren, als der gesamte Kirchplatz vollkommen vereist war und das Turmblasen beinahe hätte ausfallen müssen. Mühsam begannen diejenigen, die den Aufbau für die Veranstaltung ehrenamtlich begleiten, mit jeglichem Werkzeug, das aufgetrieben werden konnte, die dicke Eisschicht zu entfernen. Doch sie blieben nicht lange allein: Aus der gesamten Nachbarschaft kamen die Menschen zusammen, brachten Freunde und Bekannte mit und machten sich teils mit Spitzhacken an die mühsame Arbeit. Viele der Menschen, die damals geholfen haben, hatte ich noch nie zuvor beim Turmblasen gesehen; Das hielt sie jedoch nicht davon ab, zu helfen, als Hilfe gebraucht wurde.
Vielleicht liegt hier der Zauber des Turmblasens in Bergneustadt: Es bringt die Menschen zusammen, von nah und fern, und heißt alle Willkommen. In diesem Jahr fanden sich etwa 300 Menschen auf dem Kirchplatz zusammen. Die Erlöse und Spenden aus den Lebensmittelverkäufen kommen wieder der Mukoviszidose Selbsthilfe Oberberg und der Kirchenmusik (wie etwa dem Bläserkreis) zugute.
Autorin: Amei Schüttler